Nun war es doch geschehen. Die Corona-Pandemie zwang uns, die gesamte Lehrwerkstatt zu schließen und alle Mitarbeitenden und Auszubildenden ins Homeoffice zu schicken. Darüber könnt ihr gerne hier in dem Beitrag von unserem Lehrwerkstattleiter Thomas Külsen nachlesen. Niemand wusste zunächst, wie dies zu bewältigen ist. Eine für uns noch nie dagewesene Situation. Jetzt hieß es, zusammenzuhalten und die Ausbildung weiterhin am Leben zu halten.

Kommunikation ist das A und O

Das ganze Jahr war durchgeplant. Das zweite Lehrjahr war mitten in der Prüfungsvorbereitung und sollte bald seine AP1 (Abschlussprüfung Teil 1) absolvieren. Die Azubis des ersten Lehrjahres kamen gerade von ihren Betriebseinsätzen zurück und sollten mit der elektrischen Grundausbildung anfangen. Wie sollte das jetzt nur möglich sein?

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In der ersten Woche im Homeoffice hieß es, ein Konzept zu erarbeiten, wie wir weiterhin unserer Jahresplanung nachkommen und unseren Lehrauftrag erfüllen können. Hier war das große Stichwort „Kommunikation“. Während wir unsere Azubis mit Aufgaben aus den Lehrbüchern versorgten und diese anschließend in Video- oder Telefonkonferenzen besprachen, waren wir Ausbilder stets in Verbindung. Gleichzeitig entstanden neue Probleme. Von „Oben“ wurden neue Arbeitszeitenregelungen auf Grund des Covid-19-Virus beschlossen, welche leider zusätzlich noch unsere Flexibilität beeinträchtigten. Wo sollte das alles noch hinführen?

Digital ausbilden im Homeoffice

Die zweite Woche im Homeoffice stand uns bevor. Zwei Ausbilder, zwei Jahrgänge, jeder Ausbilder ein Lehrjahr – das war unser Plan. Während Lehrwerkstattleiter Thomas Külsen das zweite Lehrjahr weiterhin auf die AP1 vorbereitete und versuchte, die Jungs heiß zu halten, kümmerte ich mich um das erste Lehrjahr und deren Einführung in die Grundlagen der Elektrotechnik. Digitales Ausbilden stand nun auf der Tagesordnung. Die Unterlagen für den theoretischen Teil lagen bereit. Die Videokonferenz wurde gestartet und alle waren anwesend. „Fängt doch vielversprechend an“, dachte ich. Das Projizieren der Unterlagen während der Konferenz funktionierte ebenfalls. Jetzt hieß es: Ran an den Speck!
Niemand mag Theorie, ob in der Lehrwerkstatt, in der Berufsschule oder wie jetzt im Homeoffice. Die Gemütlichkeit des heimischen Sofas erschwerte es ebenfalls, die Konzentration hoch zu halten. Der Kaffee schmeckte, die jüngeren Geschwister schauten auch mal in die Kamera und der sehnsüchtige Blick aus dem Fenster hinaus ins Freie ließ erkennen: Die Motivation sinkt. Jetzt hieß es, die Jungs wieder zurück zu holen. Mit Beispielen aus dem täglichen Leben zum Thema und kleinen Witzen versuchte ich, ihr Interesse zu wecken. Hat geklappt, alle waren wieder auf Kurs.

Teamwork makes the dream work

Es begann die dritte Woche – und das Übel nahm seinen Lauf. Alle verfolgten die Nachrichten. Wie schlimm wird es noch werden? Welche Auswirkungen wird die Ausbreitung des Virus haben? Es kam, wie es kommen musste: Kurzarbeit! Das Problem dabei: Auszubildende dürfen nicht in Kurzarbeit geschickt werden. Wie schafft man es also aus der Ferne, einen Azubi in 3,85 Stunden pro Tag digital auszubilden?
Die morgendlichen Telefonkonferenzen mit Thomas und unserer Chefin zeugten von Arbeitsmoral. Wir wollten nicht so einfach aufgeben. Wir waren uns einig, das Beste draus zu machen und die Jungs nicht fallen zu lassen. Die Ausbildung musste weitergehen!!!
Jeden Tag bekam das erste Lehrjahr die Aufgabe, einen Schaltplan zu erstellen. Erstmal, zur Einführung, die Standard-Hausinstallationsschaltungen. Nebenbei wurde wiederholt und abgefragt. Thomas erarbeitete währenddessen Spezial-Aufgaben für das zweite Lehrjahr und ließ das Hirn der Jungs auf Hochtouren laufen. Anrufe der Azubis nach unserer regulären Arbeitszeit waren kein Problem, wir standen immer zur Verfügung.

Lehrvideos gegen das Motivationstief

Für das erste Lehrjahr wurde es nach und nach immer schwerer, die Schaltpläne zu erstellen, da der Bezug zur Praxis fehlte. Was tun? Eine Lösung musste her. Ich nutzte die Zeit, in der die Azubis im Urlaub waren, und fuhr in die Lehrwerkstatt, um Videos zu drehen. Videos über die Praxis. Natürlich wollten sie selbst anfassen, eigenständig Leitungen abisolieren, Schalter und Lampen anschließen und Messungen durchführen. Der Drang des Handwerkers pulsierte in ihren Adern. Die Lehrvideos zeigten dennoch Wirkung. Die Azubis waren gewillt und motiviert. Sie erledigten stets selbstständig ihre Aufgaben und löcherten uns Ausbilder mit Fragen, auf die sie meist schon selbst die Antwort hatten. So soll es sein.

Ende in Sicht – oder besser neuer Anfang

Organisatorische Unterlagen weiterzuleiten, ist im Zeitalter der Digitalisierung kein Problem gewesen. Unser kommunikatives Verhalten untereinander half uns, die Herausforderung anzunehmen und so gut es ging zu bewältigen.
So wurde das ganze Konzept der digitalen Ausbildung schon fast alltäglich und ein Selbstläufer. Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Der Berufsschulblock ging in die nächste Runde, selbstverständlich auch digital. Der außerbetriebliche Elektropneumatik-Lehrgang für das erste Lehrjahr fand ebenfalls statt. Die Nachrichten ließen Hoffnung auf Besserung aufflammen.
Und dann kam endlich die frohe Botschaft: Die Lehrwerkstatt kann wieder eröffnet werden – mit strengen Hygienevorschriften und Abstandsregelungen. Wir haben es geschafft. Wir haben zusammen die Herausforderung der digitalen Ausbildung aus dem Homeoffice heraus gemeistert. Aber überstanden war noch nichts. Das Corona-Virus war schließlich immer noch Teil der Realität.

Jetzt hieß es nochmal eine Woche lang alles vorbereiten und planen, sodass wir trotz aller Regelungen langsam wieder in das normale Berufsleben zurückgeführt werden konnte …

Im nächsten Teil erzähle ich euch, wie unsere erste Woche zurück in der Lehrwerkstatt abgelaufen ist und wie die Ausbildung unserer Mechatroniker-Azubis weitergeht.

Autor des Beitrags

Marco Weber

Marco Weber

Ausbilder

Marco Webers Job ist es, junge Menschen in die Arbeitswelt einzuführen. Ihnen fachliche, soziale und auch persönliche Kompetenzen zu vermitteln und diese zu vertiefen. Seine Kerntätigkeit besteht darin, die berufliche Handlungsfähigkeit der Auszubildenden zu fördern. Sein Karriere-Tipp für euch lautet: „Von nichts kommt nichts.“

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