Wir wissen nicht, wie die Arbeitswelt nach Corona aussehen wird. Aber eins wissen wir sicher – anders. Vielleicht ist es auch gar nicht so wichtig, das Wie. Auf jeden Fall ergibt sich die Chance, dass etwas völlig Neues entsteht.
Nach kurzer Zeit, als die notwendigsten Dinge organisiert waren, mussten wir uns mit grundlegenden Fragen beschäftigen – und damit wird die Basis für Neues gelegt. Während Veränderungen wie der Zuwachs im Bereich E-Commerce offensichtlich waren, gibt es deutlich komplexere Themen, die heute noch nicht so einfach zu erkennen sind. Für Führungskräfte wird es auf neue und veränderte Kompetenzen ankommen, wollen sie in Zeiten nach Corona erfolgreich sein.
1.Signale erkennen – Sensibel sein
Der Versuch, sein Unternehmen dauerhaft so zu führen, dass es für den unwahrscheinlichen Fall einer Krise wie Corona vorbereitet ist, wäre sicherlich falsch. Jedoch gibt es schon seit längerer Zeit Signale, dass sich unser Wirtschaftssystem verändern wird und dies auch muss. Der Widerspruch zwischen unendlichem Wachstum und dem Klimawandel, die Digitalisierung als neue industrielle Revolution und eine Generation Z, die andere Vorstellungen von Karriere und Work-Life-Balance hat, sind schon seit längerer Zeit Signale, dass es so nicht dauerhaft weitergehen wird.
Die Bewältigung von Krisen wird wesentlich damit zu tun haben, Sensibilität für die Erkennung von schwachen Signalen zu entwickeln. Damit wird die eigene Wahrnehmungsbereitschaft gesteigert und man wird in die Lage versetzt, rechtzeitig die richtigen Schlüsse zu ziehen. Die Aufgaben von Führungskräften in der Zeit nach Corona werden sich nicht nur auf die klassischen Themen des „Regelbetriebs“ beziehen, sondern immer stärker auch auf den Blick in die Zukunft. Weitblick und Zukunftsfähigkeit sind aber keine klassischen Führungsinstrumente. Sie benötigen daher Kontinuität und Inspiration, bis sie zu einem grundsätzlichen Charakterzug von Führungskräften werden.
2. Resilienz – Dinge annehmen
Viele Organisationen haben in der Vergangenheit ihre Zukunftsfähigkeit vermeintlich dadurch abgesichert, dass sie ihre etablierte Vorgehensweise weiter perfektioniert haben. Doch auch die Corona-Krise hat eindrucksvoll gezeigt, dass der Erfolg ausbleiben kann – auch wenn die standardisierte Vorgehensweise noch stärker verfolgt wird. Und dies führt letztendlich dazu, dass sowohl die Organisation als auch die handelnden Personen die Komplexität der Themen nicht mehr bewältigen können. Dann bringen auch kürzere Meeting-Zyklen und noch mehr Reports und Daten keine Erfolge.
Vielmehr sind dann in der Führung zuversichtliche Denk- und Handlungsweisen im Umgang mit Unsicherheit und Risiken gefragt. Und das Verständnis, dass Resilienz und Stärke nicht nur durch die Steigerung des Outputs erreicht werden kann.
In unsicheren Zeiten und volatilen Konjunkturen ist nachvollziehbar, dass Organisationen auf Effizienz und Struktur getrimmt werden – doch oftmals führt dieser Weg auch in die Sackgasse. Visionen, wie wir die Zukunft unserer Organisation sicher gestalten können, entstehen nicht dadurch, dass wir uns fragen, wo wir in der Vergangenheit hätten noch besser sein können. Sie entstehen auch nicht dadurch, dass wir die Corona-Krise als einmaliges Ereignis wieder vergessen. Vielmehr müssen wir die Dynamik entwickeln, uns die Fragen zur Bewältigung der in der Welt anstehenden Veränderungen zu stellen – und dies unterscheidet sich grundsätzlich von der klassischen Leistungsorientierung.
3. Zukünftige Arbeitsmodelle – Realistisch sein
Corona hat gezeigt, was viele von uns nie für möglich gehalten haben – innerhalb kürzester Zeit wurde „die ganze Welt“ ins „Homeoffice“ versetzt. Dabei zeigte sich, dass Unternehmen teilweise heftige Lernkurven durchlaufen mussten. Und, dass die Gewinner diejenigen waren, die ihre Hausaufgaben in den Bereichen Unternehmenskultur, Wissensmanagement und digitale Infrastruktur bereits gemacht haben. Wie Teams trotz räumlicher Isolation zusammenarbeiten konnten, war einerseits eine Frage der Infrastruktur. Aber auch der Einstellung von Führungskräften zu den Themen Führen auf Distanz und Führen virtueller Teams. Über die klassischen Führungsqualitäten wie Ergebnisorientierung, Zielverfolgung, Vertrauen und Toleranz hinaus sind Führungskräfte in diesen Zeiten bei anderen Themen besonders gefragt. Die Menschen, die für das Unternehmen arbeiten, brauchen in diesen Zeiten in erster Linie Unterstützung, damit Arbeit und Privatleben vereinbar wird und keine soziale Isolation entsteht.
In vielen Unternehmen wird aktuell fieberhaft an Arbeitsmodellen für die Zeit nach Corona gearbeitet. Dabei werden Dinge ausprobiert und zugelassen, die bisher undenkbar waren. Und das ist auch gut so! Der Lockdown hat schnell klar gemacht, dass wir vom Homeoffice aus arbeiten können, aber auch, wofür wir das Büro brauchen und wofür nicht. Das Büro der Zukunft wird sich nach der Corona-Krise anders gestalten – die Auseinandersetzung damit, was moderne Büros leisten können, was der individuelle Mitarbeitende für seine Produktivität benötigt und mit welchen Merkmalen Führungskräfte das Zusammenwirken unterstützen werden, wird entscheidend für unsere Arbeitsumgebung der Zukunft sein.
4. Beziehungen gestalten – Authentisch sein
Leitbilder, Code of Conduct, Unternehmenskultur – solche Employer-Branding-Aktivitäten werden normalerweise mit einem kleinen Festakt ins Leben gerufen. In der Corona-Krise hat sich vielerorts gezeigt, was diese Hochglanz-Broschüren wert sind. Denn gerade in stürmischen Zeiten beweist sich, dass diese Programme nicht nur bei schönem Wetter gut klingen müssen. Und nach der Krise wird dies noch wichtiger werden. Die veränderte, digitale Arbeitsumgebung wird eines immer stärker herausarbeiten – Teamspirit.
Die Zeit nach Corona wird weniger Platz für Einzelkämpfer*innen lassen, denn Unternehmen wird es nur dann gut gehen, wenn es den Betroffenen gut geht. Und das sind Kund*innen, Partner*innen, Mitarbeitende und auch Führungskräfte.
Dies gilt auch für jeden Einzelnen von uns, denn in Krisenzeiten zeigen wir Menschen vor allem Menschlichkeit, Vertrauen und Kooperationsbereitschaft. Nach Corona wird man sich deswegen nicht nur daran erinnern, wie wir die Krise bewältigt haben, sondern auch mit wem. Und mit wem wir somit auch unsere Zukunft gestalten wollen.
5. Mut und Pioniergeist – flexibel sein
Pragmatische Ideen, ungewöhnliche Wege und kurze Reaktionszeiten sind entscheidende Faktoren in diesen bewegten Zeiten. Sich dabei nur auf bekannte Prozesse und Verhaltensmuster zu verlassen kann schwerwiegende Folgen haben. Deswegen ist in Krisenzeiten weniger die Organisationsstruktur, sondern vielmehr die Führungskultur maßgeblich. Mit Flexibilität, Freiräumen und Vertrauen in die Kompetenz der Mitarbeitenden setzen Führungskräfte jetzt die richtigen Impulse. Die Veränderungen in unserer schnelllebigen Welt sind teilweise unvorhersehbar und überraschend – und können damit auch mit Reaktionsmustern gemeistert werden, die sich für solche Herausforderungen eignen. Deswegen brauchen wir in der Zeit nach Corona vor allem Mut und Pioniergeist.
Auch scheinbar unverwundbaren Unternehmen wurde durch die Corona-Krise bewusst, dass man sich nie in Sicherheit wiegen darf. Wer gestärkt aus der Krise hervorgehen will, muss vor allem die Bereitschaft und Zuversicht mitbringen, die Zukunft aktiv gestalten zu wollen. In diesem Sinne bringt die Krise auch eine Aufbruchsstimmung mit sich und frische Ideen für mutige Entscheidungen. Wichtig dabei ist, dass wir es selbst in der Hand haben, die richtige Richtung einzuschlagen – darin liegt die wirkliche Herausforderung für Führungskräfte in Krisenzeiten.
Autoren des Beitrags

Gunnar Franke
Geschäftsführer von TÜV Rheinland Consulting Berlin

Miguel Gómez Garcia
Finanzdirektor
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